Muskeltraining gegen Knieschmerzen
Eine Anleitung zur Vermeidung von Knieschmerzen beim Bergab- und Treppabgehen, von Walter Schittek


Knieschmerzen können verschiedene Ursachen haben, und es gibt viele denkbare Situationen, in denen man sich mit dem Gedanken anfreunden muss, dass das betroffene Knie wohl nie wieder so (stoß-)belastbar sein wird wie früher. Aber das muss nicht heißen, dass man zukünftig möglichst wenig bergab oder treppab gehen sollte. Denn durch etwas Muskeltraining an den richtigen Stellen und die richtige Lauftechnik kann man dafür sorgen, dass Stoßbelastungen fast vollständig vermieden werden.

Wer wenig Zeit hat, findet auf den ersten beiden Seiten dieses Textes alles, was er unbedingt wissen muss.

Inhaltsverzeichnis
Hinweise
Muskeltraining gegen Knieschmerzen (alles Wesentliche zum Thema)
Voraussetzungen für das Muskeltraining
Welche Erwartungen können Sie an diese Anleitung stellen?
Training der vorderen Oberschenkelmuskeln
Richtiges Bergabgehen - ein theoretischer Exkurs
Die Umstellung auf richtiges Bergabgehen
Das Treppabgehen
Alles bestens??
Persönlich: Meine Knie-Geschichte
Rückmeldungen
Rechtliche Bedingungen

Hinweise:
Dieses Dokument http://daistwasdran.de/knie.htm besteht nur aus einer Datei. Sie können es also problemlos als Ganzes ausdrucken oder offline lesen.
Niemand sollte sich vom Umfang dieser Anleitung schrecken lassen. Das Wesentliche steht in wenigen Sätzen am Anfang des Dokuments. Nur wer zusätzliche Informationen sucht, sollte mal durch die weiteren Abschnitte stöbern.
Achtung! Dieses Dokument wurde von einem medizinischen Laien erstellt. Sie müssen sich selbst absichern, ob die Vorschläge in dieser Anleitung für Sie problemlos anwendbar sind (siehe: Rechtliche Bedingungen).
Grundsätzlich WICHTIG: Jeder Muskel, der regelmäßig trainiert oder im Alltag kräftig genutzt wird, verkürzt sich und muss deshalb regelmäßig (z.B. 2x pro Woche) gedehnt werden. Dies kann eine ganz besondere Bedeutung haben bei einer Neigung zu Knieschmerzen, bis dahin, dass ohne regelmäßiges Dehnen eher eine Verschlechterung als Verbesserung eintreten kann.
Dieses Dokument ist frei verfügbar (siehe: Rechtliche Bedingungen).

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Muskeltraining gegen Knieschmerzen (alles Wesentliche zum Thema)

(Genauer: Training der vorderen Oberschenkelmuskeln gegen Knieschmerzen beim Bergab-/Treppab-Gehen)

In diesem einen Abschnitt wird alles Wesentliche beschrieben. Die weiteren Abschnitte, auf die z.T. im Text verwiesen wird, sind nur für Leute, die aus zusätzlichen Informationen Nutzen ziehen wollen.

Dieses Dokument habe ich verfasst, damit anderen der lange Weg erspart bleibt, den ich mit meinen Schmerzen im linken Knie hatte (siehe: Persönlich: Meine Knie-Geschichte). Wenn Sie diese Anleitung ausprobieren möchten, sollten Sie sich vorher darüber klar werden, ob die Voraussetzungen für das Muskeltraining bei Ihnen gegeben sind.
Diese Anleitung soll Sie in die Lage versetzen, durch richtiges Bergabgehen Ihre Knie zu schonen. Dazu müssen Sie vorher für beide Beine das Training der vorderen Oberschenkelmuskeln durchführen. Das können Sie möglicherweise auch zu Hause machen, wenn Sie dort eine weiche Fläche von mindestens Tischhöhe herstellen können, auf die Sie sich legen. An beide herunterhängenden Unterschenkel und Füße hängen Sie Gewichte von z.B. 0,5 kg, die auch bei abgesenkten Füßen nicht den Boden berühren dürfen. Die Muskeln werden trainiert, indem Sie mindestens 2x täglich ca. 5 Minuten lang die Unterschenkel langsam (!) auf und ab bewegen. Wenn die Muskeln dabei vor Ablauf von 5 Minuten anfangen zu zittern, dann sollten Sie die Gewichte verringern. Ansonsten können Sie die Gewichte in kleinen Schritten von Woche zu Woche schwerer machen, so dass nach einigen Wochen 2 kg an jedem Bein erreicht sind. Dann sind Ihre Muskeln so gut trainiert, dass Sie sie beim "echten" Bergabgehen einsetzen können.
Die Umstellung auf richtiges Bergabgehen sollte man möglichst auf täglichen Wegen beginnen. Beim Bergabgehen achtet man darauf, dass man die trainierten Oberschenkelmuskeln anspannt, solange der zugehörige Fuß fest auf dem Boden ist. Die Muskel-Anspannung muss so stark sein, dass die Abwärtsbewegung des Körpers allein durch die Muskeln gebremst wird, dass also der jeweils andere Fuß ohne Ruck aufsetzen kann. Eine längere Überlastung der Muskeln - erkennbar durch Zittern - sollte man hierbei möglichst vermeiden. An jedem Tag, an dem man "richtig" bergab gegangen ist, kann man auf das Muskeltraining verzichten.
Anfangs wird man noch sehr langsam bergab gehen, weil die Koordination von Bewegung und Muskelanspannung nicht so leicht fällt. Aber nach einigen Wochen täglicher Übung kann man mit "normaler" Geschwindigkeit bergab gehen. Das Treppabgehen erfordert höchste Muskelanspannung; man sollte dabei nur die Fußspitzen aufsetzen.
Das war's. Sie können wieder bergab gehen, ohne dass Ihre Knie dabei oder danach wehtun. Mehr brauchen Sie von dieser Anleitung nicht zu lesen, wenn Sie die Voraussetzungen für das Muskeltraining überprüft haben. Ich möchte Ihnen allerdings empfehlen, die weiteren Abschnitte dieser Anleitung zumindest kurz anzusehen, da sie sicher noch die eine oder andere wertvolle Information enthalten.
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Voraussetzungen für das Muskeltraining

Wenn die in diesem Abschnitt beschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, haben Sie gute Chancen, durch das Muskeltraining bald wieder ohne Schmerzen bergab gehen zu können.

Jede einzelne der folgenden Voraussetzungen sollte erfüllt sein:

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Welche Erwartungen können Sie an diese Anleitung stellen?

Hier erfahren Sie, was Sie realistischerweise von dieser Anleitung erwarten können und was nicht.

Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, können Sie Folgendes erwarten:

Folgendes wird von dieser Beschreibung nicht abgedeckt: _______________________________________
 

Training der vorderen Oberschenkelmuskeln

Hier finden Sie die ausführliche Beschreibung zum Muskeltraining. Da Sie insgesamt doch recht viel Zeit dabei verbringen werden, ist es sicher nicht verkehrt, diesen Abschnitt gründlich durchzulesen, um das Training so effektiv wie möglich zu gestalten.

Der vordere Oberschenkelmuskel (Musculus quadriceps femoris) befindet sich auf der Vorderseite der Oberschenkel und dient dazu, den Unterschenkel gerade zu ziehen, ohne Bewegung der Oberschenkel. Wer sich das nicht vorstellen kann: Wenn man sich "vor Lachen auf die Schenkel schlägt", dann landen die Hände genau auf den vorderen Oberschenkelmuskeln. Leider werden diese Muskeln bei den meisten gewohnten Bewegungen (z.B. Treppensteigen, Fahrradfahren) kaum benötigt, weil dabei die Unterschenkel zusammen mit den Oberschenkeln bewegt werden, was wieder durch ganz andere Muskeln erfolgt. Für das "richtige" Bergabgehen benötigen wir aber unbedingt die vorderen Oberschenkelmuskeln. Bevor Sie die Umstellung auf richtiges Bergabgehen beginnen können, müssen Sie daher wahrscheinlich erst einmal einige Wochen aufwenden, um diese Muskeln stark genug zu machen. Wenn Sie allerdings jemand sind, der wegen einer solchen "Hürde" gleich das Ganze aufgeben würde, sollten Sie ruhig noch versuchen, an einem leichten Gefälle die Umstellung auf richtiges Bergabgehen direkt zu beginnen und dann vielleicht beim gelegentlichen Bergabgehen die Muskeln zu stärken.
Ich würde Ihnen sehr empfehlen, das Training möglichst zu Hause durchzuführen. Wenn Sie es mindestens 2x täglich (besser 3x oder 4x) durchführen wollen, dürften die Wege zum Fitness-Studio ein Vielfaches an Zeit kosten wie das eigentliche Training. Deshalb hier zuerst die Anleitung für zu Hause:
Sie müssen eine Möglichkeit finden, mit Gewichten von 0,5 ... 2 kg an den herabhängenden Beinen rückwärts auf einer weichen Fläche von mindestens Tischhöhe zu liegen. Falls Sie ein (selbst gebautes) erhöhtes Bett mit Stauraum darunter haben, ist das schon ziemlich ideal. Eine andere Möglichkeit wäre ein stabiler Tisch, auf den Sie eine Matratze oder Wolldecke legen. Ehe Sie das ganz perfekt einrichten, sollten Sie aber überlegen, wie Sie die Gewichte an die Füße kriegen, denn das beeinflusst auch die nötige Gesamthöhe.
Meine Methode war folgende: Ich habe mir leichte Stoff-Einkaufstaschen vom Supermarkt durch Knoten so verkürzt, dass gerade noch eine Lage nebeneinander gestellter Taschenbücher (bis zu 2 kg) hinein passt. Auch die Griffe habe ich durch Knoten so verkürzt, dass sich die Taschen mit den Büchern darin gerade um meine Fußgelenke/Knöchel (ohne Schuhe!) ziehen ließen. Denn es ist wichtig, dass die Gewichte - wie auch immer Sie sie an Ihre Beine hängen - bei herabhängenden Beinen nicht den Boden berühren. Also sollten sie so wenig wie möglich herabhängen. Vielleicht finden Sie eine ganz andere Möglichkeit. Tip eines Lesers: Skischuhe und/oder Gewichtsmanschetten (im Sportfachhandel; um einen Eindruck zu bekommen, suchen Sie unter google.de einfach mal nach "Gewichtsmanschetten"). Denkbar sind auch flache Körbe mit Griff. Sie sollten darauf achten, dass die Gewichte nicht in die Beine "schneiden", also ohne Schmerzen befestigt werden.
Wichtig ist, dass Sie beide Beine trainieren. Später soll ja das Bein ohne Knieprobleme die Bergab-Geschwindigkeit so bremsen, dass das Bein mit Knieproblemen ohne Ruck aufsetzen kann. Das Verkehrteste wäre es also, nur das eine Bein zu trainieren, das die Knieprobleme hat. Außerdem wollen Sie ja nicht bergab humpeln, und für eine gleichmäßige Bewegung müssen die vorderen Oberschenkelmuskeln auf beiden Seiten trainiert werden.
Noch ein Hinweis: Wenn Sie im Internet nach 'Quadriceps "muskuläre Dysbalance"' suchen, werden Sie eine Ahnung davon bekommen, was man beim Training alles falsch machen kann, z.B. dass durch das Training selbst wiederum die Neigung zu Knieschmerzen erhöht wird. Durch ausgewogenes Training z.B. auch des Musculus biceps femoris, der sich hinten am Oberschenkel befindet, und durch passende Dehnungsübungen kann man muskuläre Dysbalancen vermeiden; dies kann ich als Laie Ihnen leider nicht beschreiben.
So, nun haben Sie hoffentlich alles vorbereitet und können mit dem Training beginnen: Sie setzen sich zuerst mit herabhängenden Unterschenkeln auf die vorbereitete Fläche und befestigen die Gewichte (zunächst je ca. 0,5 kg) an den Beinen im Bereich der Fußgelenke. Dann legen Sie Ihren Oberkörper zurück. Nun heben Sie beide Unterschenkel, bis sie fast waagerecht sind, und senken sie langsam wieder ab, bis sie wieder fast herunterhängen, und immer so weiter, 5 Minuten lang. Das Wichtigste ist dabei, dass Sie beim Absenken bewusst die Beine abbremsen, dass es also eine gleichmäßig langsame, gebremste Bewegung ist. Das was da bremst, sind die vorderen Oberschenkelmuskeln, die Sie ja trainieren wollen. Weniger wichtig ist, wie hoch Sie die Beine heben oder wie weit sie sie absenken, solange die Gewichte beim Absenken nicht den Boden berühren. Falls nur ein paar Zentimeter an Höhe fehlen, kann man seine Oberschenkel auch durch ein zusammengerolltes Kleidungsstück oder ein flaches Kissen etwas anheben, so dass die Gewichte nicht den Boden berühren.
Die Gewichte von 0,5 kg werden Ihnen anfangs lächerlich gering vorkommen. Allerdings sollen Sie sie ja über eine Zeit von 5 Minuten hoch und runter bewegen, ohne dass Ihre Muskeln anfangen zu zittern (zu rucken, also nicht mehr gleichmäßig zu arbeiten). Wenn sie vorher anfangen zu zittern, dann sollten Sie die Gewichte etwas reduzieren. Wenn Sie tatsächlich mehrmals hintereinander die Übung völlig ohne Zittern machen können, dürfen Sie getrost die Gewichte etwas erhöhen. Das gilt für die gesamte Trainingszeit, d.h. im Laufe von Wochen werden Sie die Gewichte bis auf ca. 2 kg steigern können.
Es mag Menschen geben, die sofort problemlos 2kg schwere Gewichte verwenden können. Das deutet darauf hin, dass Ihre vorderen Oberschenkelmuskeln im Alltag schon beansprucht werden - im Gegensatz zu den meisten anderen Menschen. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir in einer kurzen Mail Ihre Vermutungen mitteilen könnten, bei welchen Tätigkeiten diese Muskeln bei Ihnen im Alltag beansprucht werden.
In der Regel sollten Sie die Übung mindestens 2x täglich machen; einen schnelleren Fortschritt erzielen Sie, wenn Sie 3x oder 4x täglich üben. Allerdings sollten Sie die Abstände zwischen den Übungen lang genug lassen (z.B. nicht kleiner als 3 Stunden). Die Quittung für einen zu kurzen Abstand erhalten Sie durch Muskelzittern vor Ablauf von 5 Minuten.
Mir war es eine Hilfe, mir einen Wecker zu stellen, um an die nächste Übung zu denken, und dabei dann Radio-Nachrichten zu hören. Man sollte sich allerdings nicht so ablenken lassen, dass man das bewusste Abwärts-Bremsen vergisst.
Während der Wochen des Muskeltrainings sollten Sie sich ab und zu bewusst machen, welche Muskeln Sie da verwenden. Denn wenn Sie mit der Umstellung auf richtiges Bergabgehen beginnen, müssen Sie in der Lage sein, bewusst diese Muskeln anzuspannen. Vielleicht hilft es Ihnen, sich mal mit herabhängenden Unterschenkeln aufs Bett zu legen und sich mit geschlossenen Augen darauf zu konzentrieren, dass Sie in einem Bein den vorderen Oberschenkelmuskel anspannen. Wenn dann der Unterschenkel hoch kommt, klappt es. Wenn Sie allerdings den direkten Weg wählen wollen und sich darauf konzentrieren, den Unterschenkel hoch zu bewegen, überlisten Sie sich selbst, und es wird Ihnen später nichts nützen.
Wenn Sie im bewussten Anspannen beider vorderer Oberschenkelmuskel schon Übung haben und die Gewichte beim Training schon über 1,5 kg wiegen, dann sollten Sie schon mal einen Blick auf den Abschnitt "Die Umstellung auf richtiges Bergabgehen" werfen, denn Sie können evtl. schon langsam mit dem Alltags-Einsatz beginnen.
Das Dumme an den ganzen ersten Wochen des Muskeltrainings ist, dass sich in dieser Zeit beim Gehen im Alltag ja noch gar nichts ändert. Ich empfehle Ihnen für diese Durststrecke, dass Sie sich in dieser Zeit etwas intensiver mit den anderen Abschnitten dieser Anleitung beschäftigen, so dass Ihnen am Tag X nicht alles völlig neu ist und Sie schon etwas genauer wissen, was da auf Sie zu kommt.
Falls Sie das Training tatsächlich (teilweise) im Fitness-Studio durchführen wollen, sollten Sie trotzdem den ganzen ersten Teil dieses Abschnitts lesen. Das richtige Gerät dürfte der "Beinstrecker" sein. Er ist u.a. deswegen mit Vorsicht zu genießen, weil er dem Unterschenkel nicht die Bewegungsfreiheit lässt, die er beim Training zu Hause hat. Gerade bei einem geschädigten Knie kann sich dies negativ auswirken. Darüber hinaus kann ich Ihnen leider keine Tips geben, da ich das Training nicht am Gerät gemacht habe. Falls Ihnen ein Betreuer ein Gerät zum Training der vorderen Oberschenkelmuskeln zeigt, sollten Sie trotzdem noch einmal überlegen, ob damit das Gleiche passiert wie Sie es mit der oben beschriebenen Übung zu Hause gemacht hätten. D.h. bei unbewegten Oberschenkeln müssen Sie die Unterschenkel gegen einen Widerstand hochdrücken und dann bei der Abwärtsbewegung abbremsen, während die Unterschenkel vom Gerät herunter gedrückt werden. Falls die Oberschenkel oder der restliche Körper mit in Bewegung sind, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass Sie das falsche Gerät erwischt haben.
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Richtiges Bergabgehen - ein theoretischer Exkurs

In diesem Abschnitt will ich den Unterschied zwischen dem normalen (für Ihre Knie falschen) und dem "richtigen" Bergabgehen ausführlich beschreiben. Dabei lässt sich etwas Physik nicht vermeiden. Man kann aber das "richtige" Bergabgehen auch lernen, ohne diesen Abschnitt gelesen und verstanden zu haben.

Wenn man im Alter von ca. einem Jahr gehen lernt, geht man natürlich zuerst nur in der Ebene. Ist man sicherer geworden, wendet man die gleiche Technik auch bergauf oder bergab an. Bergauf merkt man, dass man seine Muskeln mehr anstrengen muss, um vorwärts zu kommen. Bergab dagegen muss man irgendwie erreichen, dass die Geschwindigkeit nicht immer mehr zunimmt, d.h. man muss bei jedem Schritt (je nach Gefälle) mehr oder weniger stark bremsen.
Stellen Sie sich mal ein relativ starkes Gefälle vor. Wenn Sie einen Schritt machen, dann bedeutet das, Sie holen einen Fuß nach vorne und setzen ihn bei ziemlich durchgedrücktem Knie auf. Kurz vor dem Aufsetzen hat der Fuß eine nicht geringe Geschwindigkeit in Richtung Untergrund, die im Moment des Aufsetzens zu Null wird, d.h. es gibt einen Ruck, der Ihre Bergab-Geschwindigkeit erniedrigt. Da sich über Ihrem Fuß ja nicht nur das Bein, sondern der ganze restliche Körper befindet, muss die Masse des Körpers im Moment des Aufsetzens ruckartig abgebremst werden. Das findet bei hartem Untergrund und harter Sohle in den Gelenken statt, vor allem im Kniegelenk. Hat man einen weichen Untergrund und/oder weiche Schuhsohlen, dann kann ein gesundes Knie das sicher gut wegstecken, d.h. wir können diese normale Technik des Bergabgehens nicht vorneweg als falsch bezeichnen. Falsch wird sie dann, wenn Untergrund und Sohlen hart sind, wenn man sehr große Höhenunterschiede - z.B. bei Bergtouren - überwindet oder wenn das Knie vorgeschädigt ist, d.h. zu Schmerzen neigt. (Falls es Bergsteiger geben sollte, die trotz gesunder Knie speziell für das Bergabsteigen ihre vorderen Oberschenkelmuskeln trainiert haben, oder das unter Fortgeschrittenen sogar üblich sein sollte, würde ich mich über eine kurze Mail an freuen. Mir sind bislang nur die Handstöcke als Hilfsmittel bekannt, die man natürlich im Alltag nicht bei sich haben will.)
Wenn Sie in der Ebene keine oder kaum Knie-Schmerzen bekommen, aber das Bergabgehen zu Schmerzen führt (siehe Voraussetzungen), dann ist das ein Zeichen dafür, dass Ihr Knie wohl das normale Körpergewicht gegen den Boden stützen kann, aber nicht in der Lage ist, beim Bergabgehen im Moment des ruckartigen Auftretens ein Vielfaches Ihres Körpergewichts (je nach Gefälle und Stärke des Rucks) schmerzlos abzufangen.
Zum Glück ist es aber kein Naturgesetz, dass beim Bergabgehen im Knie wesentlich höhere Kräfte auftreten müssen als beim Gehen in der Ebene. Man muss halt nur eine andere Technik zum Abbremsen verwenden, die ich hier als "richtiges" Bergabgehen bezeichne, weil es für uns Menschen mit Knie-Problemen keine andere akzeptable Technik mehr gibt. Da ich bei der Umstellung auf richtiges Bergabgehen die praktischen Einzelheiten genau beschreibe, beschränke ich mich hier auf die physikalisch-technischen Zusammenhänge.
Das Problem beim normalen/falschen Bergabgehen ist, dass das Abbremsen der Bergab-Geschwindigkeit nicht kontinuierlich stattfindet (wie z.B. bei einer Fahrradbremse), sondern nur mit ganz kurzen Stößen, die mit wesentlich größeren Kräften in entsprechend kürzerer Zeit die gleiche Geschwindigkeits-Verringerung erreichen müssen. Umgekehrt heißt das, wenn es eine Möglichkeit des kontinuierlichen Bremsens mit konstanter Kraft gäbe, dann wären die im Knie auftretenden Kräfte extrem viel niedriger als beim ruckartigen Abbremsen (wenn man mal vom normalen Körpergewicht absieht, das die Knie ja immer tragen müssen).
Nun, es gibt diese Möglichkeit des kontinuierlichen Bremsens. Unser Schöpfer hat die dafür nötigen Muskeln in den Körper jedes Menschen mit eingebaut, auch wenn wir sie bislang kaum bewusst verwendet haben. Auf der Vorderseite jedes Oberschenkels gibt es den Musculus quadriceps femoris (vorderer Oberschenkelmuskel). Wenn er angespannt wird, zieht er den Unterschenkel von hinten nach vorne, ohne dass der Oberschenkel dabei bewegt wird. Wenn man beim Bergabgehen den vorderen Oberschenkelmuskel anspannt, während der zugehörige Fuß sich auf dem Boden befindet, wird das Abknicken des Beines im Kniegelenk mit dieser Kraft abgebremst, d.h. der restliche Körper bewegt sich nicht so schnell über den Fuß hinweg wie er es ungebremst täte. Da immer mindestens ein Fuß Bodenkontakt hat, erzielen wir damit das gewünschte kontinuierliche Abbremsen beim Bergabgehen. Wenn man nun noch darauf achtet, dass man die Füße ohne nennenswerten Ruck aufsetzt (denn den Ruck braucht man ja jetzt nicht mehr zum Abbremsen), dann hat das Knie keinen Grund mehr, sich beim Bergabgehen zu beschweren. Insgesamt bedeutet das eine Abkehr von der einheitlichen Lauftechnik, die man von klein auf angewendet hat, hin zu zwei unterschiedlichen Lauftechniken: Die normale Technik wendet man nur noch in der Ebene und bergauf an, während man auf die neue Technik "umschaltet", sobald es bergab geht, und sei es nur ein bisschen.
Die vorderen Oberschenkelmuskeln sind natürlich nicht die einzigen, die bei dieser Technik zum Einsatz kommen, aber die anderen spielen sozusagen automatisch mit und sind auch i.d.R. durch den Alltag gut genug trainiert dafür.
Eine Besonderheit gibt es noch dabei: Bisher war das Bergabgehen für unsere Muskeln ähnlich wenig anstrengend wie Gehen in der Ebene, und nur beim Bergaufgehen mussten wir zusätzliche Energie aufwenden, um unseren Körper nach oben zu befördern. Mit der neuen Lauftechnik wird das Bergabgehen ähnlich anstrengend wie das Bergaufgehen, und das hängt folgendermaßen zusammen (nur für Physik-Interessierte): Beim Bergaufsteigen wendet man Energie auf, um seinen Körper nach oben zu bewegen. Diese Energie wird in sog. Potentialenergie umgesetzt. Geht man - egal mit welcher Technik - bergab, so wird die Potentialenergie wieder in Bewegungsenergie umgesetzt, d.h. mit jedem Schritt wird man schneller. Deshalb bremst man ja die Bergab-Bewegung ab. Bei modernen Maschinen (Lokomotiven, Fahrstühle) kann beim Bremsen sogar Energie erzeugt werden, z.B. Strom. Der Mensch ist dazu leider nicht fähig. Bei der herkömmlichen Lauftechnik wird die Bewegungsenergie beim Auftreten in Verformung und Wärme (bei Boden, Schuh und Knie) umgesetzt. D.h. man gewinnt keine Energie, verbraucht aber auch keine. Bei der neuen Lauftechnik dagegen wird durch die Muskelanspannung ständig eine Kraft erzeugt, die der Bergab-Bewegung entgegenwirkt. Der Mensch verbraucht beim Anspannen von Muskeln schon Energie, auch wenn durch das Anspannen keine Bewegung entsteht (Beispiel: Einen Eimer am ausgestreckten Arm in Augenhöhe halten) oder gar die Bewegung der der Kraft entgegengesetzt ist (Beispiele: 1. "Richtiges" Bergabgehen, 2. Mit waagerecht ausgestreckten Händen einen Eimer von einem Balkon auf die Straße herablassen, ohne dass das Seil durchrutscht). Diese Energie zum bloßen Anspannen der Muskeln wird im Körper in Wärme umgesetzt; man kann also auch beim Bergabgehen ins Schwitzen kommen. Hier haben wir den energetisch ungünstigsten Fall: Beim Bremsen wird Energie verbraucht. Dafür gibt es in der Technik nur wenige Beispiele, z.B. Mondlandefähren. Aber uns Menschen mit Knieproblemen geht es ja in erster Linie um Lebensqualität, und die steigt, wenn ich wieder bedenkenlos bergab gehen kann, selbst wenn ich unten schwitzend ankomme. Außerdem fördert die Anstrengung meine körperliche Fitness. (Wie gesagt, dieser Exkurs war nur für die, die's interessiert.)
Und jetzt kommt gleich noch etwas nur für die, die's interessiert, und das ist definitiv eine Verbesserung: Die Wahrscheinlichkeit, beim Bergabgehen auszurutschen, ist mit der neuen Technik wesentlich geringer als mit der herkömmlichen Technik. Dazu brauchen wir wieder etwas Physik: Die Wahrscheinlichkeit, beim Bergaufsteigen abzurutschen, ist geringer als die Wahrscheinlichkeit, an der gleichen Stelle beim Bergabsteigen abzurutschen, weil die Bewegungsrichtung bergauf entgegen der Rutschrichtung ist. D.h. Wenn man mit herkömmlicher Lauftechnik bergab geht, dann hat der Fuß im Moment des Aufsetzens schon eine Geschwindigkeit in bergab-Richtung, so dass viel leichter der Fall eintritt, dass gar nicht erst Haftreibung entsteht, sondern sofort Gleitreibung, d.h. Abrutschen. Wenn man aber "richtig" bergab geht, dann setzt der Fuß nahezu ohne Geschwindigkeit auf, d.h. es wird fast immer erst einmal Haftreibung entstehen.
Soweit die Theorie. In der Praxis wird es nur wenige Menschen geben, die ohne vorheriges Training ihre vorderen Oberschenkelmuskeln zum Abbremsen am Berg benutzen können. Zum einen müssen die Muskeln dafür stark genug sein, zum anderen muss man gelernt haben, genau diese Muskeln bewusst anzuspannen.
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Die Umstellung auf richtiges Bergabgehen

Hier wird ausführlich beschrieben, wie Sie nach erfolgreichem Muskeltraining beginnen können, "richtig" bergab zu gehen. Wenn Sie diese Umstellung so gut wie möglich hinkriegen wollen, sollten Sie diesen Abschnitt gründlich durchlesen.

Wenn man das bewusste Anspannen der vorderen Oberschenkelmuskeln schon gut beherrscht und die Gewichte beim Muskeltraining schon mindestens 1,5 kg schwer sind, dann kann man schon langsam anfangen, das "richtige" Bergabgehen im Alltag auszuprobieren. Dazu sollten Sie aber sanfte, kurze Gefällstrecken von max. 5% Neigung wählen, oder doch noch länger trainieren.
Es ist schwer, aus meiner eigenen, schon Jahre zurück liegenden Erfahrung eine Anleitung für die Umstellung auf "richtiges" Bergabgehen zu schreiben, die für alle Menschen passt. Ich mache trotzdem den Versuch, der vielleicht etwas zu ausführlich wird, um auf alle Eventualitäten einzugehen.
Sie sollten sich für den ersten Versuch eine Stelle auswählen, wo Sie möglichst unbeobachtet sind, denn wenn Sie mit Ihrer Lauftechnik experimentieren, kann das für manche Leute komisch aussehen. Ideal wäre z.B. ein Asphaltweg im Wald mit leichtem Gefälle. Das Gefälle darf aber auch nicht zu gering sein; Sie sollten beim herkömmlichen Bergabgehen schon merken, dass Ihre Füße mit einem Ruck aufsetzen. Diese Anleitung sollten Sie möglichst dabei haben.
Machen Sie zuerst einfach ganz langsame Schritte und versuchen Sie dabei, immer bei dem Bein, dessen Fuß gerade auf dem Boden ist, den vorderen Oberschenkelmuskel anzuspannen. Das sollte dazu führen, dass die Knick-Bewegung des Knies etwas abgebremst wird. Das sollten Sie eine Zeitlang mit langsamen Schritten üben. Wenn Sie das zu schwierig finden, können Sie zuerst auch die vorderen Oberschenkelmuskeln in beiden Beinen dauerhaft anspannen, was den gleichen Effekt hat, Sie halten es bloß nicht so lange durch.
Wenn Sie das einigermaßen im Griff haben, möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf Ihre Füße richten. Sie machen weiterhin langsame Schritte und spannen beim Bergabgehen immer den vorderen Oberschenkelmuskel des Beins an, dessen Fuß am Boden ist. Nun achten Sie aber zusätzlich darauf, dass Sie Ihre Füße ganz sanft auf den Boden aufsetzen, also den herkömmlichen Ruck vermeiden. Das klappt wahrscheinlich zuerst nur bei gleichmäßigem Untergrund und langsamem Gehen, aber keine Angst, das werden Sie später auch bei jedem Untergrund und relativ schnellem Gehen beherrschen können. Zunächst sollten Sie hierfür jedoch bei langsamen Schritten ein Gefühl entwickeln.
Wenn Sie sich vorstellen, Sie könnten Ihre Schritte in Zeitlupe ansehen, dann sollte es so aussehen, dass Ihr Fuß schon einige Zeit vor dem Aufsetzen nur ganz knapp über dem Boden schwebt und auch direkt vor dem Aufsetzen keine Geschwindigkeit mehr in Ihrer Laufrichtung hat. Das eigentliche Aufsetzen Ihres Fußes findet also ohne nennenswerte Geschwindigkeit in irgendeiner Richtung statt. Stellen Sie sich vor, Sie wollen eine Stehlampe mit scharfkantigem Fuß auf einem teuren Parkettboden um einen Meter versetzen. Dann würden Sie sie auch nicht mit Schwung an ihren neuen Platz rammen. So ähnlich sollten Sie beim Aufsetzen Ihres Fußes bei jedem bergab-Schritt vorgehen. Wenn Sie das erst einmal langsam üben, können Sie das später auch bei normal schnellen Schritten.
Mit etwas Körpergefühl können Sie beide Vorgänge, nämlich das Anspannen der vorderen Oberschenkelmuskeln und das sanfte Aufsetzen der Füße, zusammenfassen. Das sanfte Aufsetzen eines Fußes geht ja nur, wenn Sie gleichzeitig im anderen Bein den vorderen Oberschenkelmuskel angespannt haben. Wenn sie sich also nach einiger Übung nur noch darauf konzentrieren, die Füße sanft aufzusetzen, dann könnte es - zumindest bei sanftem Gefälle - klappen, dass ihre vorderen Oberschenkelmuskeln "von selbst" richtig arbeiten. Das klappt bei Ihnen sicher noch nicht am ersten Tag und vielleicht auch noch nicht in der ersten Woche. Selbst nach Jahren ist es bei mir noch so, dass ich bei sehr starkem Gefälle sowohl auf die Füße als auch auf die Muskeln achten muss.
Wie sehr Sie trainieren müssen, auf das sanfte Aufsetzen Ihrer Füße zu achten, hängt von der Empfindlichkeit Ihrer Knie ab. Auf gleichmäßigem Asphalt sollte Ihnen schon ein sehr sanftes Aufsetzen gelingen, und dann können Sie evtl. bei ungleichmäßigem Untergrund in Kauf nehmen, an manchen Stellen recht unsanft aufzusetzen, anstatt bei jedem Schritt genau den Untergrund zu beobachten.
Sicher werden Sie am ersten Tag keine 100 m Höhenunterschied überbrücken und sich auch noch nicht an stärkere Gefälle heranwagen. Aber wenn Sie in den folgenden Tagen und Wochen immer wieder mal bergab gehen (aber keine Treppen!), dürften Sie merken, dass Sie Ihre Beine besser unter Kontrolle bekommen, dass die Bewegungen flüssiger und schneller werden, dass Sie sich nicht mehr so extrem anstrengen müssen und dass die Muskeln nicht mehr so schnell am Ende sind.
Die Körperhaltung beim "richtigen" Bergabgehen ist ein wenig anders als wenn man "normal" bergab geht. Die Beine sind ein kleines Bisschen angewinkelt, und der Oberkörper ist etwas mehr nach hinten geneigt, als Gegengewicht zur Bremskraft. Man braucht diese Haltung nicht bewusst einzunehmen; sie stellt sich nach obiger Anleitung von alleine ein.
Es ist nicht auszuschließen, dass Sie anfangs leichte "Bergab-Knieschmerzen" bekommen, hoffentlich nicht so stark wie bei normalem Bergabgehen. Das könnte daran liegen, dass das ruckfreie Aufsetzen der Füße noch nicht so gut klappt, oder dass das Knie auf den ungewohnten Muskeleinsatz reagiert. In jedem Fall sollten Sie bei Schmerzen mit dem Bergabgehen aufhören und erst dann weitermachen, wenn Sie mindestens einen Tag schmerzfrei sind - ohne Steigerung bei Strecke oder Gefälle. Wenn Sie mehrmals nacheinander Schmerzen bekommen, die eindeutig mit dem Bergabgehen zusammenhängen, sollten Sie ganz auf "Nummer Sicher" gehen: Lesen Sie diese Anleitung noch einmal komplett durch und achten Sie auf jede Einzelheit. Führen Sie erneut eine Zeitlang das Training der vorderen Oberschenkelmuskeln durch. Suchen Sie sich für die Umstellung auf richtiges Bergabgehen eine kurze Strecke mit nur leichtem Gefälle aus. Achten Sie dabei auf jede Einzelheit der Anleitung und steigern Sie sich nur sehr langsam. Wenn doch immer wieder Schmerzen auftreten, kommen Sie vielleicht zusammen mit Ihrem Orthopäden oder Physiotherapeuten auf die Gründe dafür. Die Hoffnung auf schmerzfreies Bergab- und Treppab-Gehen würde ich so schnell nicht aufgeben.
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Das Treppabgehen

Hier erfahren Sie Einzelheiten zum Heruntergehen von Treppen.

Die Benutzung von Treppen in Abwärtsrichtung ist - hätten Sie's auf Anhieb gedacht? - etwas für Fortgeschrittene, die das richtige Bergabgehen schon gut gelernt haben und vor allem schon recht starke vordere Oberschenkelmuskeln entwickelt haben. Beim Treppabgehen gibt es eine Erleichterung und eine Erschwernis gegenüber dem normalen Bergabgehen.
Die Erleichterung besteht darin, dass man die Füße waagerecht aufsetzen kann und nicht auf eine Schräge mit der Neigung der Treppe setzen muss. Die Erschwernis ist, dass eine normale Treppe steiler ist als alle Gefälle, die man sonst so in normalem Gelände hat. Deswegen sollten Ihre vorderen Oberschenkelmuskeln durch Bergabgehen schon recht stark geworden sein, bevor Sie versuchen, längere Treppen schmerzfrei herunterzugehen.
Zwangsläufig werden Sie im Alltag immer wieder kurze Treppen herabgehen müssen. Dabei können Sie schon mal versuchen, nur mit den Fußspitzen aufzutreten. Je besser Ihnen das auch bei längeren Treppen gelingt, desto stärker sind Ihre Muskeln schon geworden. Im Prinzip machen Sie das Gleiche wie beim Bergabgehen: Sie versuchen, die Fußspitze ohne nennenswerten Ruck aufzusetzen und bremsen dafür mit Ihren vorderen Oberschenkelmuskeln ab. Man kann, um das Training zu steigern, immer längere Treppen hinunter gehen. Allerdings hat man nur einen positiven Trainingseffekt, solange die Muskeln dabei nicht anfangen zu ruckeln. Mit der Zeit wird die Bewegung auch auf der Treppe flüssiger, und man kann genauso schnell wie andere Leute herunter gehen. Natürlich nicht zwei Stufen auf einmal.
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Alles bestens??

Sie haben die Umstellung auf richtiges Bergabgehen geschafft. Was gibt es jetzt noch zu beachten?

Sie merken, dass Sie sich immer weniger auf das Bergab- oder Treppab-Gehen konzentrieren müssen. Darin liegt aber auch eine Gefahr, denn Sie fallen möglicherweise unbewusst in die herkömmliche Technik zurück. Man sollte also immer mal wieder darauf achten, ob man noch "richtig" bergab geht.
Sie merken auch, dass Sie immer schneller bergab gehen können. Je schneller, desto mehr müssen Sie sich allerdings auch darauf konzentrieren, die Füße mit möglichst wenig Ruck aufzusetzen. Sie merken selbst, wo da die Grenze ist und bei noch mehr Geschwindigkeit doch wieder Schmerzen entstehen, weil es einfach nicht mehr ohne Ruck geht.
Manchmal gehen Sie mit anderen Leuten zusammen bergab. Wenn die nicht gerade in Eile sind, werden Sie ziemlich problemlos mit ihnen mithalten können. Manche Leute legen allerdings alle Wege grundsätzlich so schnell zurück wie es gerade geht. Und da müssen Sie sich klar machen, dass Ihre neue Technik eher an ihre Grenzen kommt als die herkömmliche Rumms-Rumms-Technik (wenn ich das mal vom Knie her sehe). Seien Sie so selbstbewusst, dass Sie nicht versuchen, mit anderen Leuten bergab zu hetzen. Sie müssen ja noch nicht einmal jeden in Ihre besondere Lauftechnik einweihen; die meisten Leute dürften Verständnis haben, wenn man sich darauf beruft, dass man "wegen des Knies" nicht so schnell bergab gehen kann.
Leute, die neben Ihnen einen Berg herunter gehen, werden meist nicht auf Ihre andere Lauftechnik aufmerksam. Aber vielleicht nutzen Sie ja auch bei dem einen oder anderen die Gelegenheit, von Ihrer Umstellung zu berichten. Wenn Ihnen allerdings Leute mit einigem Abstand zuschauen, wie Sie bergab gehen, ist es gut möglich, dass Sie Fragen zu hören kriegen wie: "Hast du dich am Bein verletzt?" Das ist verständlich, denn jedem Menschen haben sich die normalen Bewegungsabläufe eingeprägt, und wenn etwas davon abweicht, fragt man sich natürlich, warum. Ich denke, man braucht nicht viel Selbstbewusstsein, um diese Fragen zu beantworten, z.B.: "Mein Knie ist seit Jahren nicht in Ordnung, aber jetzt habe ich endlich eine Technik gefunden, mit der ich schmerzfrei bergab gehen kann."
Sie haben sich vielleicht angewöhnt, bergab mehr als früher auf den Weg zu schauen, um bei schlechtem Gelände die Füße möglichst ruckfrei aufsetzen zu können. Auf einheitlichem Untergrund sollten Sie allerdings nach vorne schauen, denn sonst könnte jemand Sie für bekloppt halten, weil Sie im November oder März so gehen als wäre Glatteis auf dem Weg.
Jeder macht mal Urlaub. Das kann - z.B. am Meer - dazu führen, dass Sie wochenlang kaum bergab gehen und "aus dem Training kommen". Meine persönliche Erfahrung ist, dass man nach drei bis vier Wochen Unterbrechung gut wieder anknüpfen kann, sich aber nach einer deutlich längeren Zeit (z.B. wegen Krankheit) schrittweise bis zu den gewohnten Höhenunterschieden steigern sollte. Urlaub kann aber auch im Gebirge stattfinden. Dazu kann ich aus eigener Erfahrung wenig sagen. Empfehlen würde ich, dass Sie drei Monate vorher anfangen, sich zu immer mehr bergab-Höhenmetern zu steigern und dass Sie sich bei Bergtouren (mit Handstöcken!) nicht mehr als das Doppelte dessen zumuten, was Sie vorher regelmäßig ohne Überlastung geschafft haben. Die zu erwartenden Höhenunterschiede können Sie schon zu Hause aus der Wanderkarte ablesen und abschätzen, wo Sie doch besser die Seilbahn benutzen oder mal einen Tag aussetzen.
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Persönlich: Meine Knie-Geschichte

Nur bei Interesse: Mein Knie-Problem und seine Bewältigung

Mit 20 Jahren bekam ich zum ersten Mal starke Knie-Schmerzen, nachdem ich mit einem Freund zusammen auf einem selbst gebauten Tandem eine einwöchige Fahrradtour durch Holland gemacht hatte. Nicht etwa weil Fahrradfahren für die Knie schlecht ist (ganz im Gegenteil!), sondern weil wir keine Notwendigkeit sahen, die hintere kurze Sattelstütze durch eine passende längere zu ersetzen. Außerdem fuhren wir viel im 3. Gang der Dreigangschaltung, der eigentlich nur bei starkem Rückenwind oder bergab zum Einsatz kommen sollte. Die Kombination aus niedriger Drehzahl, hoher Kraft und nicht durchgestreckten Beinen war wohl die Ursache für die Schmerzen, die dann bei Schonung innerhalb von zwei Wochen wieder von selbst verschwanden. Nur merkte ich danach, dass mein Knie nun sehr schnell auf ungünstige Belastung (z.B. auch langes Bergabgehen oder ausdauerndes Joggen) mit Schmerzen reagierte. Ich hatte aber in den folgenden 17 Jahren ein gutes Gefühl dafür entwickelt, was ich meinem Knie zumuten konnte und was nicht. Auf die Idee, zum Arzt zu gehen, kam ich nicht, weil ich ein paar nicht so gute Geschichten gehört hatte von Leuten, denen es danach eher schlechter als besser ging. Und es schien ja auch so zu gehen.
Mit 36 Jahren nahm ich eine neue Stelle an, die ich gut zu Fuß erreichen konnnte, allerdings auf einem Berg. Bei jedem Rückweg gehe ich über 100 Höhenmeter bergab. Das ging erst ganz gut, aber dann gab es immer wieder mal Situationen, in denen ich den Berg besonders schnell herunter wollte oder in denen ich auf Asphalt mit normalen Schuhen gerannt bin. Das ging nicht lange gut, und dann konnte ich überhaupt nicht mehr bergab oder treppab gehen, ohne dass Schmerzen entstanden. Schonung (Bus fahren) änderte daran auch nichts. Ja, eine Zeitlang habe ich mich kaum noch getraut, überhaupt Strecken zu Fuß zu gehen, weil ich meinte, davon Knieschmerzen zu kriegen. Also doch zum Arzt. Der mochte sich bei der Ursache für meine Beschwerden nicht festlegen, empfahl mir aber für jede mögliche Ursache, meine Beinmuskeln zu trainieren, und zwar die Strecker und die Beuger. Das habe ich gemacht, aber an meinen Bewegungsabläufen nichts geändert. Leider keine Besserung. Dann habe ich über das Ganze etwas intensiver nachgedacht und mit Freunden (Arzt, Physiotherapeut) darüber gesprochen. Dabei wurde mir klar, dass das Entscheidende für die Schmerzen wohl der Ruck bei jedem Schritt bergab oder treppab sein musste. Zusammen mit dem empfohlenen Muskeltraining kam als Ergebnis eine Umstellung meiner Bewegungsabläufe heraus. Wie, das habe ich ja oben beschrieben.
An meinem 40. Geburtstag bin ich zum ersten Mal von meiner Arbeit wieder den Berg hinab gegangen. Das hat im Gefälle dreimal so lange gedauert wie vorher, und ich war danach durchgeschwitzt. In den folgenden Wochen wurde das für mich dann ganz normal, und schon bald dauerte der Rückweg nur noch 1-2 Minuten länger als früher mit Beeilung.
Fahrrad fahren kann ich nach wie vor ganz normal, nur muss ich (da ich gut trainiert bin) darauf achten, aus dem Stand nicht extrem stark zu beschleunigen oder mit zu niedriger Umdrehungszahl bergauf zu fahren, weil sonst die auf das Knie wirkende Kraft zu Schmerzen führt. Worüber viele sich noch nie Gedanken gemacht haben, ist bei mir seit über 20 Jahren selbstverständlich: Ich fahre nie in einem zu hohen Gang mit niedriger Umdrehungszahl ("bequemes" Fahrradfahren, nur leider nicht für die Knie). Unter dieser Voraussetzung geht man wohl allgemein davon aus, dass Radfahren eher gut für die Kniegelenke ist.
Wirklich eingeschränkt bin ich beim Joggen und Rennen, weil man dabei die Stöße nicht vermeiden kann (wenn das eine Bein aufsetzt, ist das andere schon längst in der Luft). Aber das zehnminütige Warmlaufen zu Beginn meiner wöchentlichen Gymnastik in der Sporthalle geht problemlos.
Insgesamt ist die Möglichkeit, bergab zu gehen und beliebig Treppen zu benutzen, für mich eine erhebliche Steigerung der Lebensqualität, wenn ich an die Zeit denke, in der ich das vermieden habe.
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